From Above
Serie 2023/24
Screenshot, div. Grössen
From Above schaut die sehende Maschine auf uns Menschen herab. Aber wir stören. Wir sind nicht auf den Bildern. Herausbewegt. Rausgerechnet. Aus der Bildpraxis entfernt. Die Abwesenheit des Menschen in digitalen Satelliten-Karten und -Gebieten sehe ich kritisch. Denn durch diese Entmenschlichung entsteht ein Ungleichgewicht in der Repräsentation dieser Bilder. Der Mensch fehlt, dennoch ist er für so vieles verantwortlich, was diese Bilder zeigen. Aber was zeigen sie denn? Ähnlichkeiten mit Dingen, die wir kennen. Wir haben dank der Perspektive die deckungsgleiche Überlagerung unserer Wahrnehmung und Darstellung so gut verinnerlicht, dass diese digitalen Ruinen und Fragmente trotz ihrer Makel und fehlerhaften Abbildungen etwas bedeuten. Durch die Abwesenheit des Menschen sind sie aber körperlose, digitale Hüllen. Ihnen kommt ihre Politizität abhanden. Bild und Bildproduktion sind aber in vielerlei Hinsicht politisch. Die vermeintliche Schwerelosigkeit digitaler Inhalte und ihre flexible, dissoziierte Natur scheinen ihnen eine Art astralen Zustand oder weltliche Ungebundenheit zu verleihen. Ästhetisch und durch ihre Attribute lösen sie sich von einer Verortung und Verbindung zu Ressourcen ab. Die digitale Foto- und Netzwerktechnik basiert aber auf Bodenschätzen und ist eng mit den politischen Umständen ihrer Gewinnung verbunden. Gold, Zinn und andere Metalle sind essenziell für die Produktion digitaler Kameras und Bild-Hardware. Digitale Fotografie hat einen direkten Bezug zu den ausbeuterischen, menschenverachtenden und kolonialen Bedingungen der globalen Ressourcenbeschaffung.
Die Tatsache dieser „Weltverbundenheit“ und „Weltlichkeit“ ist meines Erachtens zentral, wenn es darum geht dem scheinbar Unfassbaren der digitalen Bildpraxis eine Form zu geben und es greifbar zu machen: Wenn wir über operative und vernetzte Bilder in Bezug auf materielle und geopolitische Beziehungen und Abhängigkeiten nachdenken, müssten wir ständig daran erinnert sein, dass Kameras und seeing machines eben keine autonomen Dinge sind, die sich einfach von ihrer Rolle, die sie bei der aktiven Gestaltung der Welt spielen, trennen lassen.
From Above zeigt mittels Screenshots aus dem Giga-Bild Google Earth ein maschinelles Weltbild. Gleichzeitig entziehen sie dem Begriff Weltbild die humanistische Konnotation. Diese Bilder haben sogar eine post-humanistische Perspektive. Losgelöst von ihrem Zweck und Auftrag hat die Karte Google Earth eine inklusive Komponente: Die Perspektive ist nicht mehr eine humanistische, es ist eine maschinelle. Eine, die sich vielleicht nicht über all die anderen Formen der Existenz hinweg setzt. Eine, die kein perspektivisches Sehen als kulturelles Erbe verinnerlicht hat. Eine, die nicht mit einem humanistischen, kapitalisitischen Gaze auf die Welt schaut. Eine neue Perspektive, die keine Perspektive mehr ist.